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Experteninterview

Migräne ist mehr als nur Kopfschmerz

Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul, Facharzt für Neurologie und Spezielle Schmerztherapie, über die besonderen Belastungen, die Migräne mit sich bringt. „Es besteht eine Grundanspannung.“.

WELCHE SYMPTOME GEHEN MIT MIGRÄNE EINHER?

Migräne ist durch halb­ oder beidseitige, überwiegend pulsierende Kopfschmerzen gekennzeichnet. Typische Begleitsymptome sind Licht­ und Geräuschempfindlichkeit, bei vielen Patienten auch Geruchsemp­findlichkeit. Charakteristischerweise neh­men die Kopfschmerzen der Migräne bei körperlicher Anstrengung deutlich zu und die Patienten haben ein Ruhe­ und Rückzugsbedürfnis. Zum Teil be­merken die Patienten vor Beginn einer Migräneattacke bereits Heißhunger oder andere Warnsymptome.

Bei etwa jedem fünften Betroffenen kommt es meist zum Beginn der Migräneattacken zu neurologischen Reiz­ oder Ausfallsymptomen wie einem Flimmerskotom oder einer Wortfindungsstörung. Migräneanfälle dauern meist zwischen einem halben und drei Tagen an. Um die Charakteristika einer Migräne gut zu erfassen, ist das Führen eines Kopfschmerztagebuches durch den Patienten sehr hilfreich.

MIGRÄNE KANN MIT VIELEN BEGLEITERKRANKUNGEN WIE DEPRESSIONEN, ANGST-ODER SCHLAFSTÖRUNGEN EINHERGEHEN UND VERURSACHT 32 MILLIONEN FEHLTAGE BEI ARBEITNEHMERN IM JAHR. WAS BEDEUTET MIGRÄNE FÜR DEN ALLTAG DER BETROFFENEN?

Häufig besteht eine hohe Einschränkung in der Lebensqualität, wenn die Migräne häufiger wird. Mi­gräneattacken treten ungeplant auf, was Betroffene als „un­zuverlässig“ erscheinen lässt, da sie ungeplant ausfallen. Es besteht immer eine gewisse Grundanspannung, in welcher Situation der nächste Migräneanfall auftreten kann. Je häufiger die Migräne wird, desto stärker werden die Auswirkungen auf das Berufs­ und Familienleben sowie die soziale Einbindung.

WELCHE THERAPIEN GIBT ES?

Bei der Auswahl der Medikamente gegen die akuten Attacken spielen die bisherigen Erfahrungen aus der Behandlung eine wichtige Rolle, also welche Medikamente bereits versucht wurden. Die Akutbehandlung kann mit Schmerzmitteln erfolgen oder auch mit Migränemitteln, die gezielt zur Behandlung der Migräneanfälle entwickelt wurden. Bei der Auswahl der Migränemittel kommt es auf die Schwere der Anfälle und die Intensität der Begleit­ symptome an, ob eine Behandlung mit Schmerztablette, einem Nasenspray oder einer Injektion unter die Haut (subkutan) erfolgt.

WAS KANN ICH ZUR VORBEUGUNG DER AKUTEN ATTACKEN TUN?

Die Basis der vorbeugenden Therapie besteht aus nicht­ medikamentösen Verfahren wie Ausdauersport und Ent­ spannungsverfahren. Ob eine Prophylaxe notwendig ist, entscheidet sich am Leidensdruck und dem Ausmaß der Beeinträchtigung der Betroffenen. Die Migräneleitlinie gibt dafür gute Anhaltspunkte: Treten vier oder mehr Migräneattacken im Monat auf, wirkt die Akutmedika­tion unzureichend oder führt zu Nebenwirkungen oder bestehen weitere Risikofaktoren einer Chronifizierung, kann auch eine medikamentöse vorbeugende Behandlung notwendig werden. Dafür steht eine ganze Reihe von Präparaten zur Auswahl.

WAS GIBT ES HIER NEUES?

Es können zum Beispiel auch Antikörper gegen CGRP (Calcitonin Gene­Related Peptide) oder den CGRP­Re­zeptor eingesetzt werden. Diese sind seit einigen Jah­ren neu zugelassen. Diese Antikörper sind für manche Patienten besser verträglich und oft wirksamer. CGRP wird in der Migräneattacke freigesetzt und kann durch diese Antikörper über Wochen in seiner Wirkung abge­schwächt und blockiert werden, sodass die Häufigkeit und Schwere der Attacken deutlich zurückgeht. Darüber hinaus wurden noch weitere Medikamente zugelassen, die in Deutschland jedoch noch nicht in der Apotheke erhältlich sind.

Dr. Julia Egleder

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